Erfolgreich mit dem Ruländer
Das war die einzig richtige Entscheidung, sagt Thomas Weiler, Geschäftsführer der Bischoffinger Winzer. Wie jede WG haben auch die Bischoffinger tief im Keller ihre kleinen und großen Fässer, ihre Flaschenlager, aber auch ihre Schatzkammer mit alten Tropfen. Staub und Spinnweben liegen über den alten Gebinden. Die ältesten Flaschen sind aus den 70er-Jahren. „Davor wurde alles getrunken und verkauft“, weiß Thomas Weiler.
Auf vielen Etiketten steht „Ruländer“, heute eine Rarität, mit der sich aber vieles erklären lässt. Der Ruländer gehörte schon vor 100 Jahren zu den beliebten Sorten. Süffig. Schwer. Wirksam. Aber in alten Zeit kamen keine Touristen ins Weindorf, sondern Kommissionäre, Kaufleute also, auf der Suche nach Rebensaft. Nicht immer belebt Konkurrenz das Geschäft, in diesem Fall drückte sie die Preise von Clevner, Rother, Elbener (Elbling) und anderen Sorten. Die Winzer verkauften ihren Wein billig. Zu billig.
Der Einsatz dafür war enorm. Es gab nicht überall gute Zugänge in den Weinberg und viele Bauern wussten gar nicht, welche Rebsorte die richtige für ihren Buck (Buckel, Weinberg) war. Man spannte Ochsen an, wer hatte, nahm Gäule. Der eine hatte exzellente Trauben, der andere machte guten Wein. Bekanntlich sind Superhelden und Alleskönner schwer zu finden. Wer im Weinberg ein guter Bauer ist, ist selten ein guter Kellermeister … Die Idee mit der Winzergenossenschaft passte daher wie die Faust aufs Auge.
Grauburgunder wird erfunden
Jetzt machte der Bauer im Weinberg das, was er am besten konnte. Im Weinkeller war (meistens) der richtige Mann am Werk. Dazu die gelernten Buchhalter und gewieften Verkäufer. Auch Weinpressen, Zugmaschinen, Flaschen, Etiketten lagen in einer Hand.
Der Zweite Weltkrieg senste wieder ins Glück. Viele Männer tot, der Wein beschlagnahmt. Aber dann kam der Frieden und es wurde richtig gut, ein Winzer in einer Winzergenossenschaft zu sein. In Bischoffingen, Burkheim und anderswo war nicht nur der Herbst Gold. In Bischoffingen wurde aus diesem Grund sogar eine Mercedes-Niederlassung eröffnet. Die Terrassierung der Weinberge und das geplante Atomkraftwerk Wyhl (1974) brachten dann die badische Gemütlichkeit an ihre Grenzen. „Bisch dü dagege odr dafir?“
Ab den 90er-Jahren wurde das Weingeschäft härter. Die Weintrinker kamen auf den Geschmack von italienischen Weinen, andere wollten nur noch bio trinken oder switchten zum Bier. Und der Ruländer kam aus der Mode. Zu fett! Dann wurde vor 40 Jahren die gleiche Traube leichter und anders ausgebaut und damit der Grauburgunder erfunden. Eine Erfolgsgeschichte! Eine ähnliche Situation findet sich auch in Burkheim, das nicht nur für den Wein bekannt ist, sondern im Ruf steht, das schönste Städtchen im Kaiserstuhl zu sein. Übrigens geht sogar das Vogtsburger Stadtrecht auf die Burkheimer zurück. Merke: Wo viele Touristen sind, wird viel zugeprostet und verkauft. Souvenir! Souvenir!